Akustik können wir auch später machen. Foto: Matthias Engler, akquinet

Akustik können wir auch später machen!

Die unterschätzte Bedeutung der Raumakustik – Part 2

„Akustik können wir auch später machen!“ – oft werden wir von apn® acoustic solutions als „Problemlöser“ erst in ein Projekt gerufen, wenn das akustische Problem bereits offensichtlich ist. Die neuen Räumlichkeiten sind bereits in Nutzung und plötzlich wird das akustische Problem deutlich. Die Mitarbeitenden sind frustriert, weil es zu laut ist. „Ich kann mich nicht konzentrieren, ich möchte zurück ins Einzelbüro…“
Im besten Fall wurde die Akustik noch gar nicht berücksichtigt, im schlimmsten Fall wurden bereits akustische Maßnahmen umgesetzt, die nicht zu den Anforderungen oder Aufgaben der Mitarbeitenden passen. Dies ist aus vielen Gründen „suboptimal“. Zunächst einmal muss das Problem schnell gelöst werden, was oft teure Revitalisierungsmaßnahmen nach sich zieht. Darüber hinaus sind die Mitarbeitenden bereits unzufrieden und die Frustration über die „neuen“ Büroflächen wächst stetig.

Falls kein akustisches Konzept vorhanden ist, entwickeln wir ein maßgeschneidertes Konzept, das auf die spezifische Bürosituation abgestimmt ist. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten im Bestandsbau Einfluss zu nehmen. Sollten bereits akustische Maßnahmen existieren, versuchen wir, die Situation zu optimieren, indem wir geeignete Maßnahmen ergänzen und implementieren. Elemente, die aus Unkenntnis angeschafft wurden, müssen umgestellt, ausgetauscht, ergänzt oder nachjustiert werden.

Ein akustisches Desaster im neuen Bürokomplex

Ein anschauliches, wenn auch trauriges Beispiel für schlechte Akustikplanung zeigt sich in einem neu eingerichteten Bürokomplex. Die Mitarbeitenden klagten über die Akustik, obwohl es sich um einen modernen Neubau mit Großraumbüros und hochwertiger Ausstattung handelte. Der Architekt hatte die Bedeutung der Akustik erkannt und eine hochleistungsabsorbierende Decke installiert. Es wurde viel Wert auf leise Lüftungen und isolierende Fenster gelegt. Rundum wurde einiges getan, um eine ruhige Umgebung zu gestalten. Doch trotz dieser Maßnahmen traten erhebliche akustische Probleme auf.

Unser Akustiker führte zahlreiche Messungen durch und stellte eine Sprachverständlichkeit von über 21 Metern fest. Die Raumgeometrie begünstigte horizontale Schallfelder in Kombination einer überdämpften Akustik. Das bedeutet, dass jedes Gespräch, jedes Telefonat und sogar das leiseste Tastaturklappern im gesamten Büro deutlich zu hören war. Um eine grobe Vorstellung von dieser Angabe zu erhalten, wobei es sich nicht um einen exakten Wert handelt: Unsere Stimme breitet sich kugelförmig aus und trägt im Freifeld, ohne Einfluss von Absorption oder Reflexion, in etwa 9 Meter weit. In Großraumbüros und insbesondere in modernen Arbeitsumgebungen, in denen verschiedene Teams zusammenarbeiten, strebt man eine Sprachverständlichkeit von etwa 5 Metern an. Dieser Richtwert stammt aus der neuen ISO 22955. So können Teams, die zusammenarbeiten, gut kommunizieren, während andere Teams nicht unnötig abgelenkt werden.

Die VDI 2569 stellt eine Verbindung zwischen der Verständlichkeit von Sprache (ausgedrückt durch den Sprachübertragungsindex, STI) und unserer kognitiven Leistungsfähigkeit her. Untersuchungen ergaben, dass bei einem STI-Wert über 0,5 unser Kurzzeitgedächtnis durch unrelevante Sprache stark beeinflusst wird. Dies wirkt sich negativ auf unsere Konzentrationsfähigkeit aus. Um eine gute akustische Büroumgebung zu gestalten, sollte der STI-Wert unter 0,5 auf 5 Metern minimiert werden. So werden die negativen Einflüsse von unrelevanter Sprache aufgelöst und wir sind in der Lage, uns besser zu konzentrieren.

Um dies zu erreichen, ist vor allem Diffusität notwendig, damit die unrelevante Sprache diffus übertragen wird und im Hintergrundrauschen verschwindet. In unserem Beispiel jedoch betrug die Sprachübertragung nun mehr als 21 Meter. Das bedeutet, dass jedes Wort der Kollegenschaft am anderen Ende des Büros zu hören war – ein absoluter Albtraum für die Mitarbeitenden.

Optimierungsmaßnahmen im Büro: Ein Balanceakt zwischen Kosten und Nachhaltigkeit

Um die Akustik in einem neu eingerichteten Bürokomplex zu verbessern, haben wir verschiedene Maßnahmen ergriffen. Die einfachste Lösung wäre gewesen, die Decke komplett zu entfernen und den Raum gezielt und dreidimensional neu auszustatten. Dies hätte nicht nur eine vorübergehende Stilllegung der Fläche bedeutet, sondern wäre zudem alles andere als ressourcenschonend gewesen. Ganz zu schweigen von den zusätzlichen hohen Umbaukosten, die dadurch entstanden wären.

Stattdessen haben wir uns für eine andere Optimierungsmaßnahme entschieden. Unterstützende Elemente an den Wänden wurden installiert, um horizontale Schallfelder zu minimieren, und ein Soundmasking-System wurde eingeführt. Dies erzeugt ein künstliches Grundrauschen und wirkt Sprachüberdeckend. Somit haben wir hier das akustische Problem behoben.

Aus einer gut gemeinten akustischen Planung entstandenen zusätzlich Revitalisierungsmaßnahmen und die Projektkosten stiegen erheblich an.

Eigentlich könnte man denken, dass nun alles gut ist. Doch leider zeigt sich ein weiteres Phänomen, das erheblichen Einfluss auf das Unternehmen hat: Die Mitarbeitenden haben aufgrund der schlechten Akustik und der daraus resultierenden Frustration das Vertrauen in die neuen Arbeitsräume verloren. Was zu einer sinkenden Motivation sowie Produktivität führt und sich somit negativ auf die gesamte Unternehmenskultur auswirkt.

Frust und Enttäuschung: Die Herausforderungen einer schlechten Akustik im Büro

In diesem neu eingerichteten Bürokomplex hat sich eine erhebliche Menge Frust bei den Mitarbeitenden angestaut. Sie mussten die negativen Auswirkungen einer schlechten akustischen Umgebung erleben. Psychologisch betrachtet ist die Großraumfläche nun „verbrannte Erde“. Aussagen wie „War doch klar, dass das nicht gelingt. Das wussten wir schon vorher. Großraumflächen funktionieren nicht“ sind weit verbreitet.

Der positive Effekt, den diese neue Bürofläche normalerweise mit sich bringen sollte – neue Motivation, Inspiration und lebendige Kommunikation – bleibt aus. Es wird daher eine große Herausforderung für das Unternehmen und die Führungskräfte sein, diese Mitarbeitenden wieder ins Boot zu holen. Die bestehenden Hürden abzubauen und das Projekt in ein erfolgreiches zu verwandeln, erfordert viel Arbeit und Engagement.

Lehren aus einem akustischen Fehltritt: Die Bedeutung frühzeitiger Planung

Was können wir aus diesem Beispiel lernen? Eine frühzeitige Einbindung raumakustischer Themen ist essenziell. Lass Dich von praxisbezogenen Experten beraten. Obwohl die Büroflächen aus unserem Beispiel rechnerisch gut ausgestattet war, wurden die tatsächlichen Anforderungen nicht berücksichtigt. Mit fundiertem Akustik-Know-how können solche Hürden und Stolperfallen im Vorfeld vermieden werden.

Wenn wir zu einem Projekt gerufen werden, lernen wir zunächst unsere Kunden kennen. Wer arbeitet hier? Wer wird hier arbeiten? Wie sehen die Tätigkeiten und Laufwege aus? Diese Informationen helfen uns, das Akustikkonzept optimal zu gestalten. Vieles lässt sich bereits durch Zonierungen und die Definition der Raumnutzungseigenschaften lösen.

Eine gute Akustik im Büro ist entscheidend für das Wohlbefinden und die Produktivität der Mitarbeitenden. „Akustik können wir auch später machen!“, vielleicht. Doch durch die frühzeitige Einbindung der Mitarbeitenden und die Abstimmung der Akustik auf ihre Bedürfnisse können teure Revitalisierungsmaßnahmen vermieden und die damit verbundenen Mehrwerte voll ausgeschöpft werden.

Akustik ist mehr als nur ein optimales Hörerlebnis. Akustik ist ein Zusammenspiel vieler Details und Facetten wie Raumgeometrie, Tätigkeit, Flächennutzung, Mobiliar und Interior.

Die Vorteile einer frühzeitigen Planung sind:

  1. Kosteneffizienz: Einsparung teurer Revitalisierungsmaßnahmen, weniger Fehltage, Wirtschaftlichkeit durch ganzheitliche Flächenkonzepte
  2. Akzeptanz der Fläche: Wohlwollende Annahme der Arbeitsumgebung, psychologischer Mehrwert potenziert den Erfolg von neuen Flächen- und Change-Management Konzepten
  3. Wertschätzung für Mitarbeitende: Erhöhte Zufriedenheit und Motivation, der Wohlfühlfaktor steigt enorm, Fluktuation sinkt
  4. Optimale akustische Lösung: Individuelle Konzepte abgestimmt auf den Raum und seine Nutzungseigenschaften sowie auf das Unternehmen selbst